Ubi spiritus, ibi libertas.
Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts fanden evangelische Gottesdienste in privatem Umfeld statt. Am 10.Oktober 1850 konnte endlich unter strengen Regierungsauflagen – und unter Aufsicht eines misstrauischen Polizeibeamten, von ein paar hundert Gläubigen, Reformierten und Lutheranern aus der Schweiz Deutschland, und dem Elsass, der erste Vorsitzende der Gemeinde gewählt werden. Das Motto der Gemeinde lautete: Ubi spiritus, ibi libertas („Wo der Geist herrscht, dort ist Freiheit.“) Der erste Pfarrer kam aus Chur (Schweiz) und musste drei Sprachen beherrschen: Italienisch, Deutsch und Französisch. Die Chiesa Cristiana Protestante ist die älteste christliche Gemeinde in der Stadt Mailand, die nicht zur Römisch-Katholischen Kirche gehört.
Die Gründung wurde möglich auch durch den Einfluss der deutschstämmigen Familie Mylius aus Mailand, die über gute Kontakte zum Wiener Hof verfügte. Der reiche protestantische Bankier Heinrich Mylius, ein Freund von Alessandro Manzoni und von Johann Wolfgang Goethe, hatte sich durch Stiftungen von Sozialeinrichtungen den Ruf eines Mäzens erworben.
Die Mailänder Gemeinde baute sich im Jahr 1864 ihre Kirche in einem die lombardische Gotik historisierenden Stil. 1968 wurde die Gestaltung des Innenraums teilweise verändert durch Einbau der Tamburini-Orgel, der Farbfenster und der Umgestaltung des Altarraums.
1865 zog auch die 1860 gegründete Protestantische Schule Mailand in das Gebäude, in die heutige Sakristei und Kirchenbüro. Diese wuchs sehr stark, so dass die Schule bereits 1869 ein eigenes Gebäude neben der Kirche erstellte. Auch die Kirche gewann an Bedeutung; als im ersten Weltkrieg die deutschen Staatsangehörigen Italien verlassen mussten, wurden Kirche und Schule ausschliesslich von Schweizern geführt; ähnliches wiederholte sich im 2.Weltkrieg. Die Schule aber wurde 1919 zur Schweizer Schule; das Gebäude wurde 1939 abgebrochen, um der Via Marco De Marchi Platz zu machen. Sowohl die heutige Deutsche Schule wie die Schweizerschule gingen aus der Protestantischen Schule Mailands hervor.
Wie schon zur Zeit der Gründung der Chiesa Cristiana Protestante in Milano bilden vor allem Selbständige, Kaufleute und Angestellte die Basis der Gemeinde. Es sind nach wie vor Menschen aus deutschen und schweizer Kulturkreisen, von denen etliche in Mailand und in der Lombardei ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben und zum Teil in binationalen und konfessionsverbindenden Familien leben. Dazu kommen immer mehr gebürtige Italiener, so dass die Gemeinde heute als zweisprachig (deutsch und italienisch) und europäisch gelten kann.
Von 1946 bis 1992 bestanden unter einem gemeinsamen Kirchenrat der CCPM zwei rechtlich getrennte Gruppen, eine evangelisch-lutherische und eine evangelisch-reformierte.
Die lutherische Gruppe trat 1949 der Evangelisch-lutherischen Kirche in Italien als Gründungsmitglied bei. 1992 haben sich die beiden Gruppen wieder zu einer einzigen Gemeinde mit einer lutherischen und einer reformierten Pfarrstelle vereinigt.
Die Chiesa Cristiana Protestante ist Mitglied der ELKI (Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien) und des SEK (Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund).
Die Gemeinde pflegt intensive Kontakte zu einigen protestantischen Schwestergemeinden (Waldenser, Methodisten, auch Baptisten), zu skandinavischen Lutheranern und zur anglikanischen Gemeinde. Sie steht seit Jahrzehnten mit der katholischen Kirche im Dialog und zählt zu den Gründungsmitgliedern des ökumenischen Rats der Christlichen Kirchen von Mailand und des Forums der Religionen von Mailand.